Vorwort

Die allein nach heutiger Schreibweise gleichnamigen ehemaligen Osnabrücker Edelherren "von Lienen" (frühere Schreibweise: "de Lina") des 12. Jahrhunderts sind auf dieser Webseite nicht gemeint. Deren namensgebender Ort war Lienen im heutigen Kreis Tecklenburg, was erstmals im Jahre 1088 urkundlich als Lina (mittelhochdeutsch Lina: Ort am Berghang) erwähnt wurde. Dazu gehörten 1172 Amolungus de Lina, 1182 Theodericus de Lina und 1186 Svether de Lina. Im 13. Jahrhundert kam diese heute wohl ausgestorbene Familie urkundlich nicht mehr vor. Das Wappen der heutigen Gemeinde Lienen im Tecklenburger Land entstand erst durch einen Vorschlag des preußischen Staatsarchivs, da keine historischen Siegel oder Wappen bekannt waren. Hierin wurde das historische Wappen der Grafen von Tecklenburg symbolisch mit der hügeligen Landschaft um Lienen herum in der Form von drei darin dargestellten Hügeln verknüpft. Die Grafen von Tecklenburg hatten ihr Herrschaftsgebiet südwestlich von Osnabrück rund um die Burg Tecklenburg. Zwischen 1180 und 1236 waren sie auch im Besitz der Vogtei des Bistums Osnabrück. 

Eine direkte Verbindung der Gemeinde Lienen im Tecklenburger Land zu den historischen Rittern v.Lienen aus dem heutigen Ortsteil Lienen im Landkreis Wesermarsch ist nicht bekannt.
Verschiedene bekannte Stammtafeln zeigen eine vermeintlich vorhandene Verknüpfung, die historisch betrachtet nicht belegbar ist. Vermutlich entstand eine Verwechslung durch den allein nach heutiger Schreibweise gleichen Namen. Vergleicht man den Namensursprung, so erkennt man den Unterschied: de Line / de Lina. 





Auf dieser Webseite geht es somit ausschließlich um die heute ganz sicher nicht ausgestorbene Familie von Lienen mit ihrem Ursprung in der Ministerialität des Erzbistums Bremen.


Etwas zur geschichtlichen Einordnung vorab...

Es war die Zeit eines grundsätzlichen Umbruches in Westeuropa. Das römische Reich war schon lange zerfallen und auch das sich danach gebildete Fränkische Reich Karls des Großen war bereits zerteilt. Man begann Mittelhochdeutsch zu sprechen und zu schreiben und es bildete sich zum ersten Mal in der Geschichte eine deutsche Identität heraus. Es war die Zeit des beginnenden Hochmittelalters. Die Bevölkerung breitete sich schneller aus als zuvor und neue Gebiete mussten somit erschlossen werden. Die Landwirtschaft, das Handwerk und der Handel machten einen großen Fortschritt und die Kirche entwickelte eine starke Position innerhalb des Reiches. Durch die Kirchenreformen, auch ausgehend von dem Konzil in Rom 1059 erlangte der Papst große Macht gegenüber dem König.  Während es im Frühmittelalter fast kein städtisches Leben mehr gab, setzte nun eine Welle von städtischen Neugründungen ein. Es war aber auch die Epoche der Kreuzzüge und eines völlig neu definierten Rittertums.

Die Geschichte unserer Familie von Lienen beginnt also in der Zeit der frühen Gotik...



Das aus dem östlichen Teil des Frankenreiches hervorgegangene Reich als Herrschaftsbereich der deutschen Kaiser wurde seit dem Jahr 1056 von Heinrich IV. regiert, allerdings im Alter von zunächst sechs Jahren. Seine Königsherrschaft trat er erst 1069 wirklich an. In der Zwischenzeit hatten verschiedene Stellvertreter diese Rolle für ihn übernommen. Diese Übergangszeit ohne mächtigen Herrscher hatten viele Fürsten und Bischöfe genutzt, um ihren Machtbereich zu vergrößern. Sie beanspruchten Landbesitz und zum Teil königsähnliche Rechte. In den nachfolgenden 200 Jahren wurde der Einfluss der Fürsten immer größer, was schließlich in der goldenen Bulle durch Karl IV. seinen Höhepunkt nahm. Im Jahr 1062 wurde die Vormundschaft des Heinrich IV. durch den Erzbischof Adalbert übernommen, welcher sich das Land im Bereich des westlichen Weserufers von der Mündung der Ochtum bis zum Butjadingerland übertragen ließ. Somit gehörte dieses Land zum Erzbistum Bremen.



Das Land wurde in sogenannte "Hufen" aufgeteilt und im Auftrag des Erzbischofs von Bremen an Siedler verkauft. Um das Land nutzbar zu machen, wurden nach holländischem Vorbild Deiche und Siele angelegt. Die Kolonisten wurden Eigentümer und waren dem Erzbistum Bremen gegenüber abgabepflichtig. Die damals gebauten Bauernhöfe hatten eine Fachwerkbauweise mit Reetdach. Die Häuser sind zum Teil noch in ihrer Grundsubstanz erhalten und stehen heute unter Denkmalschutz. Die bäuerlichen Bewohner nannten sich Stedinger ("Uferbewohner"), worauf der Name Stedingen für diese Region zurückgeht. 1072 wurde Erzbischof Adalbert von Erzbischof Liemar abgelöst. Das Erzbistum Bremen wurde etwa 100 Jahre davor als Erzbistum Hamburg-Bremen von Papst Formosus 893 ausgerufen, nachdem der Benediktinermönch Ansgar vor den Wikingern von Hamburg nach Bremen geflohen war und dort zum Bischof bzw. Erzbischof erhoben wurde.





Der Ursprung der Familie

Die Familie von Lienen geht aus der Reichsministerialität des Erzbistums Bremen als Zweig der Familie v.Stelle hervor, welche mit dem Schenkenamt urkundlich erstmalig seit 1186 eines der ministerialischen Haupthofämter im Erzbistum bekleidete. Die Familie v. Stelle waren direkte Verwandte des aus der Königs- bzw. Reichsministerialität stammenden Erzbischofs Liemar. Liemar brachte seinen Bruder Mazelin und dessen Sohn Adalbero sowie zwei Söhne seiner väterlichen Tante nach Bremen mit, von denen Siveko I. als Stammvater der v.Stelle genannt wird;  die Linie v.Stelle begann mit seinem Sohn Erpo v.Stelle (um 1110 herum). Siveko selbst wird in Quellen auch als Sybernus (Siegbert) von Stelle genannt. Der zweite Sohn Willo war der Stammvater der Familie v.Bruch.

Erzbischof Liemar hatte damals seine Verwandten mit umfangreichen Rechten und großem Landbesitz ausgestattet. Er war ein enger Vertrauter König Heinrich des IV. und zum Beispiel auch als Vermittler für Heinrich IV. gegenüber Papst Gregor VII. im Jahr 1077 tätig ("Gang nach Canossa").




Das Geburtsjahr des ersten Namensträgers der Familie von Lienen war das Jahr 1168. In diesem Jahr wurde Albero I. von Lienen als Sohn des erzbischöflichen Ministerialen Dietrich von Stelle (geb. 1144 in Bremen)  geboren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war Dietrich von Stelle der Sohn Erpos von Stelle, womit die Linie der Familie v.Lienen bis zur Verwandtschaft des Erzbischofs Liemar in das Jahr 1092 zurückverfolgt werden kann.

Die Frau von Albero I. von Lienen war Thetburich (Dietburg) von Mackenstedt (geb. 1170), eine Ministerialin des Herzogs Heinrich (der älteste Sohn Heinrich des Löwen). Sie stammte aus der Linie von Oldenburg, womit eine
verwandtschaftliche Beziehung der hier beginnenden Linie von Lienen sowohl zu den Bremer als auch zu den Oldenburger Grundherren bestand.

Die Linie der Familie von Lienen ist nahezu zeitgleich zum Beispiel mit der Linie von Bremen entstanden, welche ebenfalls aus der Verwandtschaft Erzbischof Liemars hervorging. Die Ritter v.Lienen gehörten zu den ersten wappentragenden Ministerialen im Erzbistum Hamburg-Bremen.


Der Ursprung des Namens

Die Ministerialen nannten sich in dieser Zeit oft nach dem Ort ihres Familiensitzes. Der Name unserer Familie "von Lienen" geht auf den Ort Lienen an der Weser zurück, der nach dem damaligen Fluss Liene benannt wurde.

Die Liene war im Mittelalter ein Nebenfluss der Weser. Seit der großen Flut etwa Mitte des 14. Jahrhunderts war der ursprüngliche Verlauf der Liene nicht mehr vorhanden. Zur Zeit des damaligen Weserdeltas war die Liene mit der Jade verbunden. 

Der historische Verlauf der Liene lässt sich teilweise und zumindest näherungsweise dem heutigen Elsflether Sieltief bzw. dem Käseburger Sieltief zuordnen. Das Käseburger Sieltief verläuft heute noch durch die Ortschaft Großenmeer (ehemals: Meerkirchen), welche ihren Ortsnamen von dem sogenannten "Großen Meer" bekommen hat, zu dem sich die damalige Liene zeitweise verbreitert hatte. Die Mündung des heutigen Elsflether Sieltiefs in die Weser verläuft über den Liener Kanal, wodurch auch eine Verknüpfung zum historischen Namen des Flusses Liene gegeben ist.

Die folgende Karte zeigt den damaligen Verlauf der Liene sowie die Lage der ehemaligen erzbischöflich-bremischen Burg Lienen nördlich vom heutigen Elsflether Sieltief, welches südlich der heutigen Landstraße namens "Alte Liene" verläuft. Diese Landstraße mündet fast direkt in die heutige Watkenstraße in Elsfleth-Lienen, in deren Nähe die historische Burg Lienen vor der Zerstörung durch aufständische Stedinger gestanden hat. Die Verbindung zwischen den beiden Sieltiefen ist entsprechend der damaligen Lage der Liene nicht mehr vorhanden. Der Verlauf der Weser ist heute aufgrund der Eindeichung schmaler als damals. Die dargestellten Flussverläufe stammen aus einer Übersichtskarte der alten Deiche aus dem Oldenburger Jahrbuch für Altertumskunde. Die ehemalige Kirche von Lienebrok ist ebenfalls eingetragen. 



Lesen und Schreiben war damals eine seltene Kunst und Namen von Burgen oder Orten wurden oft nur mündlich weiter gegeben, was unter anderem ein Grund dafür war, dass Klang und Schreibweise vieler Burgen, Orte und Namen im Laufe der Zeit eine zum Teil deutliche Wandlung durchgemacht haben. Vor diesem Hintergrund kann man sagen, dass der Name "von Lienen" heute noch sehr nahe am ursprünglich überlieferten Namen des Ortes Lienen liegt.

Fluss:    Line >> Liene
Ort:    Line / Lyne >> Linen >> Lienen
Burg:   Lineburg / Lyneburg >> Burg Linen >> Burg Lienen / Lienenburg
Name: 
de Line (lat. Form auf Siegeln / Urkunden) >> von Linen >> von Lienen




Zwischenzeitlich gab es auch Landkarten, in denen der Ort in der Schreibweise "Lihn" zu finden ist.






Die Burg Lienen

Aus der Zeit des Hoch- und Spätmittelalters stammen die meisten der heute noch erhaltenen Burgen und Burgruinen. Von der Burg Lienen ist heute nichts mehr erhalten. Verschiedene Quellen berichten von einem vermeintlich noch vorhandenen Burgstall, was allerdings auf einer Fehlinterpretation des Wortes "Burgstall" basiert. Geht man auf den mittelhochdeutschen Sprachgebrauch zurück, so steht das Wort burgstal für die Stelle einer Burg und somit für die Burg selbst. Im Ausklang des Mittelalters wurde die Bezeichnung zum Teil für eine im Verfall befindliche Burg verwendet. Eine weitere Bedeutung war die Bezeichnung einer kleineren Burg des niederen Adels im Unterschied zur "Hofburg". Eine ähnliche Unterscheidung wird mit den Begriffen Dynastenburgen und Lehensburgen vorgenommen. Die Lehensburgen baute der niedere Adel auf dem ihm zugehörigen Land. Sie bestanden oft nur aus einem befestigten Ritterhaus mit Wohnturm und einem Burghof während die großen Dynastenburgen neben der Burg selbst noch weitere Nebengebäude aufweisen.

Bei der Burg Lienen kann man von einer relativ kleinen Burg ausgehen, wobei das zugehörige Land aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen zum Erzbistum im Besitz der "von Lienen" war. Quellen berichten von einem "erheblichen Land- und Zehntenbesitz", was sich im Laufe der Geschichte in zahlreichen urkundlich belegten Landverkäufen widerspiegelt. Die ehemaligen Ländereien erstreckten sich vom heutigen Lienen nach Norden bis hin zum heutigen Oberhammelwarden sowie nach Westen bis zum heutigen Oldenbrok.



Der Burgenbau gehörte zu den wichtigsten Mitteln der Machtausübung im Mittelalter. Das Königsrecht zum Burgenbau ging im Heiligen Römischen Reich oft als Reichslehen auf die territorialen Machthaber über. Diese bauten sich Residenzburgen und zahlreiche kleinere Burgen, welche sie von angestellten Burgmännern erbauen ließen. Die Ministerialburgen waren in der Regel durch eigenständige Belehnung der Ministerialen mit der jeweiligen Grundherrschaft verbunden. Dabei dienten die Burgen nicht nur zu militärischen Zwecken, sondern hatten auch eine Verwaltungsfunktion.




Hochmittelalterliche Burgen waren nicht grundsätzlich aus Stein gebaut, sondern oft aus Holz und Lehm. Meist waren es stroh- oder schindelgedeckte Fachwerkbauten, welche von hölzernen Palisaden umgeben waren. Die Fläche dieser Burgen war relativ klein und daher war eine Selbstversorgung der Burgbewohner nur bedingt möglich. Der Herrensitz und der Wirtschaftshof bildeten eine Einheit. Die Burgen bedeutender Ministerialadelsfamilien waren reich ausgestattet. Ausgehend von den Burgen erfolgte eine Kontrolle des direkten Umlandes, zum Beispiel über Verkehrswege oder Märkte. Durch die Burgherren erfolgte auch die Eintreibung des sogenannten "Zehnten" von den Bauern des Umlandes. Bewohner der Burgen waren Niederadlige, meist Ministerialen. 

Die Burg Lienen war Überlieferungen nach zu einem wesentlichen Teil aus Stein in der Bauart einer Wasserburg gebaut.



 

Die genaue Lage der ehemaligen Burg Lienen zeigt folgendes Bild. Die Lage wurde aus Skizzen ermittelt, die im Niedersächsischen Landesarchiv Oldenburg zu finden sind.



Der Burgplatz war von einem etwa 5-7m breiten Burggraben umgeben, der bei Abrissarbeiten eines späteren Hauses im 19. Jahrhundert wieder entdeckt wurde. Der Zufluss zu dem Burggraben kam aus der Weser und war etwa 8-10m breit. Der Burgplatz selbst lag etwa 2-3m über dem Wasserspiegel. Ab etwa 1850 wurde diese Erhöhung schrittweise abgetragen.



Die Ritter von Lienen 

Seit dem 11. Jahrhundert verstand man unter dem Begriff Ministerialen ritterlich lebende Dienstleute mit eigener oder delegierter Herrschaft sowie politischem Einfluss. Ihre kampferprobtesten Mitglieder bildeten mit Angehörigen des Hochadels die Ritterschaft. Mit dem zunehmenden Bedarf an Hof-, Verwaltungs- und Kriegsdiensten wurde aus den Ministerialen ein neuer Stand. Seit König Konrad II. (1024-1039) wurden sie als Vögte oder Burggrafen und Landrichter zur Verwaltung des Reichsguts eingesetzt. Die Reichsministerialen nahmen eine gesonderte Stellung ein. Sie unterstanden direkt dem König bzw. Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, nahmen weitreichende, gehobene Verwaltungsaufgaben wahr und leisteten Kriegsdienst als schwere Panzerreiter. Reichsministerialen verfügten somit über Bildung zur Bewältigung von Verwaltungsaufgaben, über Kenntnisse höfischen Lebens und Erfahrung im Kampf. Im 12. Jahrhundert setzte ein Angleichungsprozess an den Stand der Edelfreien ein. Die Reste der Unfreiheit verschwanden. Die Dienstlehen wurden zu erblichen Lehen. Die Ministerialen bezeichneten sich nun mit dem Titel "milites" (Ritter).



Ab dem 12. Jahrhundert war die Ritterbürtigkeit die Voraussetzung für eine Aufnahme in den Ritterstand. Kaiser Barbarossa hatte Ende des 12. Jahrhunderts sogar das Verbot ausgesprochen, Söhne von Bauern oder Priestern in den Ritterstand zu erheben. In einem feierlichen Akt, dem sogenannten Ritterschlag, wurde man zum Ritter erhoben. Im Hochmittelalter (etwa 1000 bis 1250) galten die Ministerialen als die eigentlichen Schöpfer und Träger der ritterlich-höfischen Kultur.




Seit dem 13. Jahrhundert waren die Ministerialen im niederen Adel aufgegangen und bildeten den Kern des Ritterstandes. Sie bildeten einen erblichen Stand des sogenannten niederen oder ritterbürtigen Adels. Die Geburt von ritterlichen Ahnen war also Voraussetzung für die Aufnahme in den Ritterstand. Die "milites" stiegen zu den "nobiles" auf.

Fast alle bekannten v.Lienen
zwischen ca. 1200 und ca. 1450 gehörten zur Ministerialität der Bremer Erzbischöfe. 




Im Erzbistum Bremen wurden in einer Urkunde Erzbischof Liemars erstmals im Jahr 1091 Ritter erwähnt. Seitens der Ritter v.Lienen wird die Mitgliedschaft im deutschen Ritterorden genannt, welcher um 1200 herum gegründet wurde.




Zwischen ca. 1220 und ca. 1420 sind urkundlich benannt:

Ritter Albero I. von Lienen (*1168)
Ritter Albero II. von Lienen  (*1190, urkdl. 1222)
Ritter Hermann von Lienen (urkdl. 1247)
Ritter Reimbert von Lienen (urkdl. 1244, 1249, 1256)
Ritter Friedrich von Lienen (*1218, urkdl. 1277)
Ritter Berthold von Lienen (urkdl. 1289)
Ritter Heinrich (Henricus) von Lienen (urkdl. 1289)
Ritter Erich (Alberich) von Lienen (urkdl. 1290)
Ritter Erpo von Lienen (urkdl. 1294)
Ritter Erich (Alberich) von Lienen (*1282, urkdl. 1304)
Ritter Friedrich von Lienen (urkdl. 1337, 1344)
Ritter Otto I. von Lienen (urkdl. 1350, 1369)

Ritter Otto II. von Lienen (urkdl. 1418)

Seit dem Spätmittelalter prägte das Rittertum nicht nur den eigentlichen Ritterstand, sondern auch die Lebensweise des gesamten christlich-europäischen Adels. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist bis heute die Ritterlichkeit. Die ritterlichen Tugenden bestanden aus Normen, die das Ansehen des Rittertums und damit des Adels erhalten und begründen. Die Wertvorstellungen der Ritterlichkeit umfassten im Hochmittelalter  (mittelhochdeutsch): diemüete, êre, güete, hôher muot, höveschkeit, manheit, mâze, milte, minne, staete, triuwe, werdekeit, zuht. Nach heutigem Sprachgebrauch bedeuten diese Tugenden: Demut, ritterliches Ansehen, Würde, Freundlichkeit, seelische Hochstimmung, Höfischkeit, Höflichkeit, Tapferkeit, maßvolles Leben, Zurückhaltung, Freigiebigkeit, Großzügigkeit, Dienstbare, hingebungsvolle Liebe, Beständigkeit, Festigkeit, Treue, Würde, Erziehung nach festen Regeln, Anstand, Wohlerzogenheit.

Die höhere Bildung war freien Männern vorbehalten. Als frei galt im Mittelalter, wer zum Broterwerb nicht arbeiten musste.

Die gelehrten sogenannten sieben freien Künste des Mittelalters zeigt das folgende Bild. Der untere Kurs umfasste das sogenannte
Trivium mit Grammatik, Rhetorik und Dialektik. Dieses wurde in den danach benannten Trivial- oder Elementarschulen gelehrt. Der obere Kurs bildete das Quadrivium mit Arithmetik, Musik, Geometrie und Astronomie, was nur in höheren Lehranstalten vorgetragen wurde.




Der Adel genoss nicht die schulische Ausbildung des Klerus. Die Bildung und Erziehung unterlagen keinem festen Lehrplan, sondern beinhalteten die Übung von überlieferten Gewohnheiten. Dazu gehörten zum Beispiel das Jagen, Fechten, Reiten, Schwimmen und Bogenschießen, aber auch die Kenntnis von Liedern und das Lernen von Spruchweisheiten.

Bezüglich Minnegesang ist seitens der Ritter von Lienen nichts überliefert.






Die "v.Lienen" treten nicht nur im Zusammenhang mit dem Erzbistum Bremen auf, sondern auch sehr oft als Zeugen von Geschäften, die den Machtbereich der Grafen von Oldenburg betreffen. Und auch auf weitere Weise gab es Verknüpfungen nach Oldenburg. So hatten beispielsweise die Ritter Berthold von Lienen und Erpo von Lienen jeweils eine Oldenburger Ministerialin zur Frau. Trotz des gehobenen Standes zeigte sich im 13. und 14. Jahrhundert aber in solchen Fällen die Abhängigkeit von dem jeweiligen Landesherren in deutlicher Weise. Bei einer Ehe aus verschiedenen Dienstmannschaften gehörten die Kinder jeweils zur Dienstmannschaft der Mutter und konnten von dem jeweiligen Landesherren gegen ein Kind aus der jeweils anderen Dienstmannschaft getauscht werden. Im Jahr 1288 beispielsweise tauscht Graf Christian von Oldenburg den Sohn Friedrich des Ritters Berthold von Lienen an Erzbischof Giselbert von Bremen und erhält dafür Reinfried, den Sohn des Oldenburger Ritters Otto Slore, der mit einer Bremer Ministerialin verheiratet war. Ähnlich war es auch 1296. Hier tauschten die Grafen Johann und Otto von Oldenburg den Sohn Friedrich des Ritters Erpo von Lienen an Erzbischof Giselbert von Bremen und erhalten dafür Hildeburg, die Tochter des Oldenburger Ritters Johann von Zwischenahn, der ebenfalls eine Bremer Ministerialin geheiratet hatte.






Das Wappen der Familie von Lienen

Mit dem Rittertum entstand die Heraldik. Der Ritter trug als Erkennungszeichen sein Wappen auf dem Schild. Später wurde das Wappen zum Familienkennzeichen und diente auch zur Besitzmarkierung.



Die Farbgebungen der Familienwappen der Familien v.Stelle / v.Lienen sind sicher überliefert. In Anlehnung an die Tingierungen Rot und Silber des Bremer Erzstiftes wurde aus dem Wappen der v.Stelle (roter Schrägrechtsbalken) für den Zweig der v.Lienen durch Kippung des Balkens ein roter Pfahl, jeweils auf Silber. Nach heraldischen Regeln sind die Farben weiß und silber dabei gleichwertig zu sehen.




Urkunden und Siegel

Bei den Familien v.Stelle und v.Lienen gibt es in den Quellen seit 1222 die Vornamen Albero und Friedrich (Friedericus). Diese Namen wurden über mehrere Generationen weiter gegeben. Mitglieder beider Familien kommen seit 1222 oft gemeinsam in Urkunden vor. In den Urkunden wurde der Familienname später v.Linen, v.Line oder auch als v.Lyne aufgeführt. In den frühesten Urkunden sowie auf Siegeln und Familienwappen wird der Name in der lateinischen Form als de Line genannt. Seit etwa dem 19. Jahrhundert ist die Nennung des Familiennamens durchgehend v.Lienen bzw. von Lienen. Die Vorsilbe "von" bzw. die in Urkunden übliche mittelalterliche lateinische Übersetzung "de" wurde damals zunächst aus rein praktischen Gründen zur Beschreibung der Herkunft verwendet. Erst im Laufe der Zeit wurde daraus der Charakter eines Familiennamens.

In Siegeln und Urkunden wurde das Wappen in der Form verwendet, dass es mit dem Namen des Besitzers umschrieben wurde. Oben in der Mitte begannen die Siegel mit einem Kreuz. Danach folgte ein S als Abkürzung für das lateinische Wort Sigilum (Siegel). Im Anschluss daran folgte der Name des Besitzers in der lateinischen Genitiv-Form. Diese Form des Wappensiegels war das typische Siegel der Ministerialen. Die ersten urkundlichen Zeugnisse für die Verwendung von Wappensiegeln durch Ministerialen im Erzstift Bremen stammen aus der ersten Hälfte des 13.Jahrhunderts.

Die Siegel des ersten urkundlich genannten Ritters Albero II.v.Lienen und des letzten bekannten Ritters Otto II.v.Lienen sowie des Ritters Berthold v.Lienen aus der Zeit um 1300 zeigen den frühgotischen Schild mit dem mittig platzierten Pfahl des Familienwappens.




Beispielhaft zeigt das folgende Bild, wie ein solches Siegel an den damaligen Urkunden ausgesehen hat.





Die Zerstörung der Burg Lienen

1108 wurde die heutige Stadt Oldenburg unter dem Namen „Aldenburg“ erstmals urkundlich erwähnt. Im 12. Jahrhundert nutzten die Grafen von Oldenburg dort die günstige Lage zum Bau einer Wasserburg. 1152 wurde Friedrich I. (Barbarossa) zum König gewählt und 1155 zum Kaiser gekrönt. 1158 bestätigte er dem Erzbischof von Bremen Hartwig I. die Grafenrechte über Stedingen.
Durch lehensrechtliche Verleihung wurde dieses Land westlich der Weser vom Erzbistum Bremen an die Grafen von Oldenburg weitergegeben. Urkundlich gesehen begann man von dem "heiligen Reich" zu sprechen, etwa 100 Jahre später kam der Zusatz "römisch" hinzu, da sich die deutschen Herrscher als Nachfolger der Herrscher des ehemals mächtigen römischen Reichs sahen und sich in Rom vom Papst zum Kaiser krönen ließen.  Die Grafschaft Oldenburg war zunächst noch vom Herzogtum Sachsen abhängig. 1167 starb Graf Christian I. von Oldenburg während der Belagerung von Oldenburg durch den Herzog von Sachsen (Heinrich der Löwe). Der Nachfolger von Christian I. war Moritz I. von Oldenburg. Dieser war beim Tod seines Vaters aber noch unmündig, wodurch zunächst Heinrich der Löwe die Herrschaft über Oldenburg an sich nahm. Im Jahre 1180 wurde Heinrich der Löwe von Kaiser Barbarossa entmachtet und das Herzogtum Sachsen aufgeteilt. Graf Moritz I. von Oldenburg erhielt von Kaiser Barbarossa seine Herrschaftsrechte zurück. Die dadurch selbständig gewordene Grafschaft Oldenburg machte nun ihre Vogteirechte in Stedingen geltend.



Die Oldenburger Grafen kümmerten sich zunächst lange Zeit kaum um die ehemals unwirtliche Gegend, welche im Wesentlichen aus Mooren und Sümpfen bestand. Die Stedinger entwässerten im Laufe der Jahre das Land und bauten Deiche, wodurch eine intensive Besiedelung des Landes möglich wurde. Mit wachsendem Wohlstand wurde allerdings auch das Interesse der Oldenburger Grafen an dieser Region größer und sie errichteten südlich der Hunte die Lechtenburg. Die Lechtenburg war von der Bauart als Motte ausgeführt und hatte ein Fundament und Grundmauern aus Stein.

Die Burgen der Oldenburger Grafen an der Weser waren bewusst zu einem Teil aus Holz gebaut. Diese Bauart mussten die Oldenburger Grafen dem Bremer Erzbistum aufgrund dessen Sorge um den freien Handel über die Weser meist zusichern. (Dass diese Sorge durchaus berechtigt war, zeigte sich im Laufe der Geschichte erst zur Mitte des 17. Jahrhunderts. Dann begannen die Oldenburger Grafen, Weserzoll zu erheben, der erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder aufgehoben wurde.).





Die im Umland der Burg Lienen ansässigen Stedinger Bauern sollten nun den "Zehnten" als Steuerabgabe auch an die Grafen von Oldenburg entrichten, obwohl sie aufgrund eines Vertrages mit dem Erzbistum Bremen neben dem "Kirchenzehnten" eigentlich von allen weiteren Abgaben befreit sein sollten. Verstärkt durch vermeintliche Gewalttaten seitens der Burgbewohner entwickelte sich in der Bauernschaft ein Widerstand gegenüber dem Adel, der letztendlich zum offenen Aufstand umgeschlagen ist. Im Laufe der Jahre entwickelte sich hieraus ein Konflikt, der später als "Stedinger Krieg" in die Geschichte eingehen sollte.


 


Heinrich von Treitschke beschreibt in seinem Gedicht "Die Stedinger Ketzer" im ersten Teil des Gedichtes ("i. Der Frevel") wie eine junge Frau auf die Burg Lienen entführt wird.
Im zweiten Teil des Gedichtes ("ii. Burg Lienen") wird von der Zerstörung der Burg Lienen und der Lechtenburg in Gedichtform berichtet. Teil drei und vier handeln von dem Kreuzzug gegen die Stedinger und deren Besiegung. Das Gedicht ist im Anhang dieser Webseite zu finden. Der Inhalt des ersten Teils des Gedichtes wird von Historikern allerdings eher einer Entführung auf die Lechtenburg zugeschrieben, bei der Eler von Elmeloh, ein Oldenburger Vogt der Lechtenburg, Erpo von Huntorp und dessen Tochter Tjalda entführte und auf die Lechtenburg brachte, um von den Bauern den Zehnten zu erpressen. Dieses Ereignis wird als Auslöser des Aufstandes der Bauern des Stedinger Landes gegenüber den Grafen von Oldenburg angesehen. Die Stedinger Bauern baten im ersten Moment die Bewohner der Burg Lienen um Hilfe, diese hielten sich aber wohl zurück. Die Stedinger Bauern hielten darauf eine Versammlung ab ("einen Thing") und beschlossen, die Lechtenburg und auch die Burg Lienen zu stürmen. In den alten Erzählungen heißt es dabei, dass die Stedinger zunächst nur vorgaben, den "Zehnten" zu zahlen und Getreidesäcke zur Burg Lienen brachten. In den Säcken hatten sich aber bewaffnete Bauern versteckt und diese verschafften den stürmenden Stedingern den Zugang zur Burg. 



Die Burg Lienen wurde im Jahr 1204 durch die Stedinger Bauern gestürmt und zerstört. Neben der Burg Lienen zerstörten die aufständischen Stedinger Bauern auch die Lechtenburg.

Aller Wahrscheinlichkeit nach war
Ritter Albero I. von Lienen gemeinsam mit seiner Frau Bewohner der Burg Lienen und beim Sturm der Stedinger ums Leben gekommen. Deren Sohn Albero II. ("Albero der Jüngere") war bei der Zerstörung der Burg 14 Jahre alt und wohl in seiner Ausbildung zum Knappen an einem anderen Ort.





Abgesehen von den damit einhergegangen Grausamkeiten ist der Aufstand der Stedinger nachvollziehbar. Der Auslöser des Aufstands der Stedinger ist dabei aller Wahrscheinlichkeit nach im Umfeld der Lechtenburg und der damit verbundenen Vorgehensweise der Oldenburger Grafen sowie der Taten der Burgbewohner der Lechtenburg selbst zu suchen.



Die Schlacht bei Altenesch

Durch weitere gewonnene Kämpfe stieg der Drang nach Autonomie bei den Stedinger Bauern weiter an und schließlich verweigerten sie auch die Zahlung des "Kirchenzehnten". Mehrere Versuche seitens des Bremer Erzbistums und der Grafen von Oldenburg, die Stedinger zu bezwingen, scheiterten. Im Jahr 1229 besiegten die Stedinger Bauern ein Heer unter dem Kommando von Hermann von der Lippe, welcher der Bruder des Erzbischofs Gerhard II. war. Im Jahre 1233 siegten die Stedinger über ein Ritterheer, welches vom oldenburgischen Grafen Burchard von Oldenburg angeführt wurde. Um ein schlagkräftiges Heer gegen die Stedinger zusammenstellen zu können, beschuldigte der Bremer Erzbischof Gerhard II. die Stedinger gegenüber Papst Gregor IX. in Rom, dass diese Priester und Mönche getötet hätten und Kirchen und Klöster beraubt oder verbrannt hätten. Auf Grund dieser Anschuldigungen erklärte der Papst die Stedinger zu Ketzern und erließ eine Kreuzzugsbulle gegen die Stedinger. In den Papstbullen wurde den Stedingern zur Last gelegt:

Gewalttaten gegen weltliche und geistliche Personen
Verunehrung der Hostie
Abergläubische Verehrung böser Geister
Weigerung, in die kirchliche Gemeinschaft zurückzukehren

Am 27.05.1234 (datiert zwischen dem fünften und sechsten großen Kreuzzug) kam es schließlich zur "
Schlacht bei Altenesch" und die Stedinger wurden vom Kreuzfahrerheer im Rahmen des einzigen Kreuzzuges, der auf deutschem Boden begangen wurde, besiegt.




Mit einem Heer von etwa 6000 bewaffneten Kriegern (davon ca. 800 Ritter) wurden die etwa 4000 Stedinger Kämpfer unter Führung von Thammo von Huntorp, Detmar zum Diek (tom Dyk) und Bolko von Bardenfleth geschlagen. Die Zahl der ums Leben gekommenen Stedinger wird mit bis zu 6000 angegeben.  Die Sieger teilten daraufhin Stedingen unter sich auf. Der größte Teil fiel an die Grafen von Oldenburg, doch überließen diese das Land zu einem großen Teil den noch verbliebenen, besiegten Stedingern oder neuen Kolonisten zu Meierrecht, welches mit der Abgabenpflicht "des Zehnten" verbunden war. Viele der einst von den Stedinger Bauern bewohnten Höfe waren nach der Schlacht von Altenesch verwaist und der Besitz der überlebenden Stedinger war aufgrund der Ketzergesetze verfallen. Somit wurde das Land neu verpachtet. Es ließen sich auch einige Kreuzfahrer nieder, die als Lohn für ihre Kriegsdienste ein Stück Land in Stedingen zugewiesen bekamen.

Im Museum des Oldenburger Schlosses ist heute noch ein Schwert aus der Schlacht von Altenesch ausgestellt. Auf dem Schlachtfeld selbst steht heute die St.-Gallus-Kirche, welche im Jahr 1299 geweiht wurde. Seit 1834 erinnert ein gusseiserner Obelisk an der Landstraße 875 in Lemwerder-Altenesch auf dem Veithügel an die Schlacht von Altenesch. Noch heute wird in Gedenken an die gefallenen Stedinger an diesem Denkmal jährlich ein Kranz niedergelegt. In der Stadt Bremen erinnern die Bardenfleth-Straße, die Huntorp-Straße und Tom-Dyk-Straße an die damaligen Stedinger Heerführer und die Straße "Stedingsehre" an die Schlacht bei Altenesch. Seitens der Kirche wurde an den Sieg über die Stedinger bis zur Reformationszeit jährlich am letzten Sonnabend vor Christi Himmelfahrt mit einer feierlichen Prozession gedacht.





Eine Beteiligung eines Ritter v.Lienen an der Schlacht bei Altenesch ist nicht überliefert. Auch bezüglich sonstiger mutmaßlicher Vergeltungen der Ritter v.Lienen gegenüber den Stedingern aufgrund des vorangegangenen Angriffs auf die Burg Lienen ist nichts bekannt.



Die Erzbischofsfehde

Moritz von Oldenburg gehörte zum Oldenburger Grafenhaus und war Erzbischof von Bremen. Auf drängen des Papstes sollte Moritz von Oldenburg zugunsten des Osnabrücker Bischofs Gottfried von Arnsberg auf das Amt des Erzbischofs verzichten. Es entstand ein größerer Konflikt, der später als die sogenannte Erzbischofsfehde in die Geschichte einging. Letztendlich zog Moritz von Oldenburg mit einem Heer von 900 Rittern gegen Bremen. Unter seinen Verbündeten waren auch die Grafen von Oldenburg und Otto von Lienen.





In dem Gefecht fielen 30 Bremer und einige gerieten in Gefangenschaft - die übrigen zogen sich hinter die Mauern der Stadt zurück. Nach diesem Konflikt blieb Gottfried von Arnsberg zwar Erzbischof, aber Moritz von Oldenburg behielt die Kontrolle über das Erzbistum als sogenannter Koadjutor oder Administrator.

Im Rahmen dieser Erzbischofsfehde wurde Otto I. von Lienen 1350 vor dem Bremer Ostertor von Moritz von Oldenburg zum Ritter geschlagen.

Am 13. Juli 1350 verständigte sich Moritz auf einen Waffenstillstand mit dem Rat. Um die Fehde beizulegen wurde unter anderem der Edelherr Konrad VIII. von Diepholz als Schiedsrichter eingesetzt.





Graf Moritz hatte die Unterstützung des Rates der Stadt Bremen und auch des Domkapitels - gegen den Papst konnte er sich aber später nicht mehr durchsetzen und so wurde gegen seinen Willen im Jahr 1361 Albrecht II. Erzbischof von Bremen, welcher erfolglos versuchte, die Macht in Bremen an sich zu reißen. Im Jahr 1366 wollte Albrecht II. einen Streit zwischen den Bremer Zünften und dem Rat zu seinen Gunsten ausnutzen und veranlasste sogar die Verbrennung der ersten Bremer Rolandsfigur, welche als Symbol der Freiheit auf dem Bremer Marktplatz zunächst aus Holz errichtet wurde. Bremen machte sich im Laufe der Jahre aber vom Erzstift unter Albrecht II. unabhängig und
sein verschwenderischer Lebensstil führte sogar dazu, dass dieser das Stedinger Land an die Grafen von Oldenburg verpfänden musste, wodurch dieses Land neben dem Verlust weiterer Kirchengüter dem Bremer Erzbistum verloren ging. Nach vielen Auseinandersetzungen zwischen Oldenburg und Bremen blieb das Stedinger Land links der Weser letztendlich im Besitz der Oldenburger Grafen.





Die Endphase des Rittertums

Das Stadtrecht erhielt Oldenburg im Jahr 1345 durch Graf Konrad I. von Oldenburg. Die Pest breitet sich zwischen 1347 und 1351 durch ganz Europa aus. Städte wie Bremen und Oldenburg wurden besonders hart getroffen. 1356 wurde durch Karl IV. die goldene Bulle erlassen. Es sollten von nun an die sieben Kurfürsten den König wählen. Das waren die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln (der Anteil der geistlichen Reichsfürsten) sowie dem Herzog von Sachsen, dem Markgrafen von Brandenburg, der König von Böhmen und dem Pfalzgrafen vom Rhein. Die goldene Bulle war sozusagen das erste Grundgesetz des Reiches. 

Bei der Flutkatastrophe von 1362, der sogenannten zweiten "Marcellusflut", mit Berichten von über 100.000 Toten, versank die Kirche von Lienebrok. Eine Sage berichtete, dass diese Kirche bereits lange vor der Flut leer gestanden hat und Wölfe darin wohnten. Es entstand durch die eindringenden Wassermassen eine Verbindung der Liene mit der Jade, wobei große Bereiche nördlich der Liene überschwemmt wurden. Durch den Deichbau wurde diese Verbindung wieder unterbrochen.



Etwa in dieser Zeit entwickelte sich die Hanse als wichtiges Handelsbündnis der Städte.
Die Hanse und der deutsche Ritterorden waren über längere Zeit enge Verbündete. Bekannt ist, dass die Bremer Ministerialen an gemeinsamen Kämpfen mit der Hanse beteiligt waren.

Unter Führung Lübecks besiegt die Hanse im Bund mit dem Deutschen Orden und der Dithmarscher Bauernrepublik den dänischen König Waldemar IV. Atterdag und sichert sich durch den "Frieden von Stralsund" die wirtschaftliche Vorherrschaft im Nord- und Ostseeraum. Bremen war als Hansestadt wichtiger Handelspunkt. Waren wurden unter anderem über die Weser zunächst mit den sogenannten Koggen transportiert. Der berühmte Fund der "Bremer Kogge", die im Jahr 1380 in der Weser bei Bremen gesunken war, ist heute im Schifffahrtsmuseum Bremerhaven ausgestellt.

Die Hanse war aber lange Zeit wehrlos gegen die Seeräuber. Verschiedene Grafschaften stellten die Piraten aber sogar in ihren Dienst, indem sie sogenannte Kaperbriefe ausstellten. Die Piraten wurden dadurch zu Freibeutern und griffen im Dienst des Landes fremde Schiffe an. Das machte beispielsweise auch Graf Konrad II. von Oldenburg so. Auch der Sohn von Graf Konrad II. von Oldenburg, Graf Moritz II. von Oldenburg, gewährte um 1400 den kapernden Vitalienbrüdern Schutz und Unterschlupf. Im April 1400 gehen die Hansestädte vereint gegen die Seeräuber vor: Elf Koggen mit insgesamt 950 Mann Besatzung erringen einen wichtigen Sieg gegen die Piraten und im Jahr 1401 wird einer der berühmtesten Piraten, Klaus Störtebecker, gefangen genommen.  

In dieser Zeit hat Ritter Otto II. von Lienen im Dienst des Bremer Erzbistums gestanden, war aber zugleich eng verknüpft mit dem Machtbereich des Grafen Moritz II. von Oldenburg. Auf der einen Seite war er somit indirekt in der Rolle eines verbündeten mit den Piraten und auf der anderen Seite stand er in der Pflicht, gegen sie zu kämpfen.

Der deutsche Ritterorden verlor nach der Niederlage in der Schlacht bei Tannenberg 1410 an Bedeutung.

Der Adelssitz der Familie v.Lienen an der Weser in Form einer Turmhügelburg wurde mit Ausgang des 14.Jahrhunderts verkauft. Eine Urkunde aus dem Jahr 1396 beschreibt den Verkauf des Ritterhofes mit befestigtem Wohnturm der Familie um den zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenen Ritter Otto I. von Lienen an das Kloster Rastede.

Überlieferungen zufolge stand dieser Ritterhof in der Bauweise einer sogenannten Motte auf einer damaligen Weserinsel. Diese Bauart ist auf den Bildern dieser Webseite jeweils unten rechts skizziert dargestellt.





Zwischen den Flüssen Weser und Liene gab es um 1400 herum keine klare Abgrenzung.

In dieser Zeit sprach man vom „Liener Sand“, was bedeutete, dass der Ort zu einer Insel geworden war.
Möglicherweise hat diese Bezeichnung mit der ringförmigen Eindeichung des Gebietes um Lienen herum zu tun, welche um 1400 vorhanden war ("Inseldeich") und vor dem Wasser aus Weser und Liene schützte. Quellen nennen als möglichen Ort auch "Rader Sand", welches vom Namensursprung her als damalige Insel ebenfalls in Frage kommen würde. Die Lage dieses letzten Ritterhofes der v.Lienen an der Weser bzw. der Liene ist somit heute nur näherungsweise nachvollziehbar.

Zuvor wurde durch die "v.Lienen" im Jahr 1370 ein Burgmannsitz in Oldenburg erworben.

Mit gegebener Wahrscheinlichkeit war eine Kogge oder ein koggeähnliches Schiff bis dahin im Besitz der Familie und wurde für Überfahrten auf Weser und Liene oder zum sicheren Erreichen der Bremer Landesherren über die Weser nach Bremen bzw. der Oldenburger Grafen über die Hunte nach Oldenburg genutzt.  



 


15. Jahrhundert

Das 15. Jahrhundert war die Endphase des Spätmittelalters und die Epoche des Humanismus. Das Zeitalter der Renaissance begann. Wirtschaft und Handel entwickelten sich weiter und Handelsfamilien wie die Fugger wurden zum Teil so reich, dass sie einen großen Einfluss auf die Politik hatten. Die Macht der Kirche wurde geringer, worauf die Kirche durch härtere Unterdrückung Andersgläubiger reagierte.  Die Erfindung des Buchdrucks förderte die Aufklärung. Nationalstaaten und viele einzelne Territorialstaaten entstanden und die Erbmonarchie wurde eingeführt. Das Kaiserreich hatte inzwischen den Namen "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation".

Die letzte bekannte Urkunde, in der Graf Moritz II. von Oldenburg gemeinsam mit Ritter Otto II. von Lienen genannt wird, stammt aus dem Jahr 1418.

Seit etwa der Mitte des 15. Jahrhunderts werden im Erzbistum Bremen keine Ritter mehr urkundlich erwähnt. Seit den Kreuzzügen kämpfte man immer öfter mit leichtbewaffneten Fußtruppen, zunächst lange Zeit neben den immer mehr gepanzerten Ritterheeren. Schließlich verzichtete man um das Jahr 1500 herum aufgrund der veränderten Kriegstechnik fast völlig auf die militärische Mitwirkung der Ritter. Mit dem "ewigen Landfrieden" von 1495 entstand ein ähnlich weit reichendes Gesetz wie bereits 100 Jahre zuvor mit der "Goldenen Bulle". Unter Maximilian I. wurden wenig später die Reichskreise festgelegt und aus dem "Heiligen Römischen Reich" wurde das "Heilige Römische Reich Deutscher Nation", welches vom Spätmittelalter bis 1806 Bestand hatte.



Es wurden im 15. Jahrhundert noch einige Familien v.Lienen als Knappenfamilien genannt, wie zum Beispiel die Familien der Knappen Alberen (Albern) von Lienen (urkundl. 1480), Borges von Lienen (urkundl. 1473), Jahan (Johan) und Diderick (Dietrich) von Lienen (urkundl. 1477) sowie Otto von Lienen (urkundl. 1482). Die urkundlichen Nennungen beziehen sich meist auf Landverkäufe. Die Knappen bildeten in dieser Zeit die oberste Klasse der Landbevölkerung. Sie stellten zum Beispiel Deichgrafen, Geschworene und besetzten die wichtigsten politischen Funktionen.

Mit dem Ende des Mittelalters (Spätmittelalter: 1250-1500) endete also auch die Zeit der Ritter und Knappen von Lienen sowie der Ritter anderer Familien im Erzbistum Bremen. Und auch im gesamten Gebiet von Europa ging die Zeit der Ritter mit Ausklang des 15. Jahrhunderts zu Ende.

Die Kanzlei des Erzbischofs Johan Rode zu Bremervörde zählte um 1500 die v.Lienen zu den "Geschlechtern, die ehemals Dienstmannen der Bremer Kirche" waren. Dabei ist die Rede davon, dass seitens der v.Lienen "die meisten zwar verkamen" (gestorben sind) aber "etlike (etliche) noch am Leben" seien.


16. Jahrhundert

Im 16. Jahrhundert gab es viele kleine Fürstentümer und Grafschaften. Die Gesellschaftsstruktur zwischen Adel und Bürgertum änderte sich allmählich. Die ländliche Bevölkerung war arm und litt Not aufgrund der Frondienste und erzwungenen Abgaben. Bauernaufstände erreichten dadurch im 16. Jahrhundert einen Höhepunkt.
Die im Stedinger Land verbliebenen "von Lienen" lebten dort in dieser Zeit vermutlich bäuerlich. Neue Glaubensgemeinschaften entstanden überall. Es entwickelte sich die Kunst, Medizin und andere Wissenschaften. Die Inquisition und der Ablasshandels waren für Martin Luther 1517 die wesentlichen Gründe, seine 95 Thesen zu schreiben. Diese wurden zum Auslöser für Reformationen in ganz Europa. Letzter Auslöser war ein Handel zwischen Albrecht von Brandenburg und dem Papst, wodurch Albrecht von Brandenburg zusätzlich zu seinem Amt als Erzbischof von Magdeburg auch Erzbischof von Mainz und somit ein für die Königswahl berechtigter Kurfürst werden konnte. Der Papst benötigte das Geld für den Bau des Petersdoms und Albrecht von Brandenburg lieh sich das Geld bei den Fuggern. Dafür durfte er den Ablass in seinen Bezirken predigen, wovon die Hälfte an den Papst ging und die andere Hälfte zum Begleichen seiner Schuld bei den Fuggern vorgesehen war. Der darauf losbrechende Reformationsprozess durch Martin Luther führte dazu, dass das Gebiet um Lienen herum mit der Grafschaft Oldenburg und dem Erzstift Bremen überwiegend protestantisch wurde und bis heute geblieben ist. Die heutige Grenze der ev.-luth. Landeskirche Oldenburg zeigt noch nahezu unverändert die ehemaligen Grenzen der Grafschaft Oldenburg bzw. des späteren Herzogtums Oldenburg / Großherzogtums / Landes Oldenburg vor 1946.






Zum Amtsantritt des Oldenburger Grafen Anton I. von Oldenburg im Jahr 1526 wurde Otto von Lienen namentlich genannt. Otto von Lienen kaufte ein Haus im Jahr 1521 in der Mühlenstraße in Oldenburg. 


17. Jahrhundert

Das 17. Jahrhundert war vor allem geprägt durch den 30jährigen Krieg. Durch den Krieg selbst und auch durch die dadurch entstandenen Hungersnöte und Seuchen wurden ganze Landstriche verwüstet und entvölkert. Während dieses Krieges bewahrte der Landesfürst und Reichsgraf von Oldenburg Graf Anton Günther durch seine Neutralitätspolitik gegenüber den kriegsführenden Mächten und einzelnen Heeresführern sein Land fast als einziges unter den deutschen Staaten weitgehend vor Not, Elend und Verwüstung. Eine Legende erzählt, Graf Anton Günther habe sogar den ligistischen Feldherrn Graf von Tilly vom unmittelbar bevorstehenden Überfall auf die Stadt Oldenburg abhalten können, indem er ihm wertvolle Pferde schenkte und ihm einen Weg durch die Moore verriet. Graf Anton Günther gründete den heute noch bekannten Kramermarkt im Jahr 1608.
Nach dem Großbrand in Oldenburg im Jahre 1678, bei dem nahezu die ganze Stadt zerstört wurde, siedelten sich viele Menschen im Umland der Stadt an. Besitz und Urkunden sind zu einem großen Teil verloren gegangen. Die folgende Karte zeigt das Stadtbild von Oldenburg unmittelbar vor dieser Brandkatastrophe um das Jahr 1650. Die Stadt Oldenburg hatte zu dieser Zeit etwa 4000 Einwohner.



In Bremen wurden noch mehrere Ratsfamilien v. Lienen erwähnt, deren Linie aber wohl 1786 mit dem Tod des Hermann von Lienen (Bremens Bürgermeister 1773-76) endete. Die Karte zeigt das Stadtbild von Bremen von ca. 1650. Bremen hatte zu der Zeit etwa 25.000 Einwohner. Um 1350 waren es ca. 10.000. Das Erzstift Bremen wurde mit dem westfälischen Frieden von 1648 säkularisiert und zum Herzogtum erklärt. Als Herzogtum Bremen-Verden unterstand es zunächst der schwedischen Krone. Das Herzogtum Bremen und das Fürstentum Verden blieben staatsrechtlich eigenständige, deutsche Fürstentümer. Der schwedische Monarch wurde zwar Landesherr, aber nicht als König von Schweden, sondern als deutscher Reichsfürst.



Die Besiedelung um Lienen herum war zur selben Zeit deutlich übersichtlicher. Die Karte zeigt die damaligen Siedlungen im Gebiet der heutigen Wesermarsch. Aus der damaligen "Harrier Bracke" wurde der Name der heutigen Kreisstadt Brake. Die übrigen dargestellten Ortsnamen kann man den heutigen Ortschaften und Stadtteilen zuordnen. Auf der von dem Ort Lienen aus gegenüberliegenden Seite der Weser war zu dieser Zeit noch die Ortschaft Stelle in der Karte eingetragen. Heute ist dieser Ort nicht mehr zu finden. Lediglich der Landstrich "Steller Bruch" erinnert heute an den namensgebenden Ort der direkten Vorfahren der Familie von Lienen - den v.Stelle aus der damaligen Verwandtschaft Erzbischof Liemars.




Aus dem "Oldenburger Häuserbuch" sind weitere Einträge auf den Namen "von Lienen" aus dieser Zeit und danach bis zum großen Brand von 1678 vorhanden.




18.Jahrhundert bis Heute

Im 18. Jahrhundert fiel das Herzogtum Bremen-Verden an das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg durch Bezahlung von 1 Million Talern an Schweden und blieb dort, bis 1866 das Königreich Hannover von Preußen annektiert wurde. Die Grafschaft Oldenburg ging 1774 in das Herzogtum Oldenburg über.

In Form des Großherzogtums gehörte Oldenburg zunächst ab 1815 zum Deutschen Bund, ab 1867 zum Norddeutschen Bund und ab 1871 zum Deutschen Kaiserreich.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts lebten vermutlich sämtliche "von Lienen" in diesem  Gebiet von Deutschland. Mit der Auflösung des deutschen Kaiserreiches nennt sich Bremen ab dem Jahr 1806 Freie Hansestadt. 1866 trat Bremen dem Norddeutschen Bund bei und erhielt 1871 nach Auflösung des Kaiserreichs den verfassungsmäßigen Namen "Freie Hansestadt Bremen". Die Stadtgemeinde Bremen ist heute die Hauptstadt des Bundeslandes Freie Hansestadt Bremen (kurz: "Bremen"), zu dem neben der Stadt Bremen auch die Stadt Bremerhaven gehört.

Nach der Novemberrevolution 1918 wurde aus dem Großherzogtum Oldenburg der Freistaat Oldenburg, welcher bis 1946 Bestand hatte. Die Stadt und der Landkreis Oldenburg gehören heute zum Bundesland Niedersachsen. Das "Haus Oldenburg" ist aufgrund bestehender verwandtschaftlicher Beziehungen heute eines der bedeutendsten Geschlechter des regierenden europäischen Hochadels.

Am 11. August 1919 wurden mit der Weimarer Reichsverfassung die Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes aufgehoben. Bis heute stellt der Adel in Deutschland dennoch zumindest teilweise eine relativ geschlossene Gesellschaftsschicht mit eigenen Lebensformen und Umgangsweisen dar.



Die historische Landschaft um Lienen herum gehört heute zum Landkreis Wesermarsch im Bundesland Niedersachsen. Lienen ist heute ein Ortsteil der Stadt Elsfleth. Im Jahr 1933 wurden die Gemeinden Berne, Neuenhuntorf, Warfleth, Bardewisch und Altenesch zu der Gemeinde Stedingen zusammengeschlossen.  1948 wurde die Gemeinde Stedingen wieder aufgelöst und in die Gemeinden Altenesch und Berne geteilt. Im Jahr 1972 wurde Altenesch in Lemwerder umbenannt. An den historischen Namen Stedingens erinnert heute noch der Straßenname der "Stedinger Landstraße", welche die Kirchenstraße in Brake mit dem Beginn der Straße "Am Weserdeich" kurz vor der Ortschaft Lienen verbindet.




Ein großer Teil der Nachkommen der "von Lienen" bzw. "v.Lienen" lebte (und lebt bis heute) im Gebiet der heutigen Wesermarsch, Ammerland, Friesland, Bremen und Oldenburg. Aufgrund von Auswanderungen, vor allem zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts, sowie aufgrund des allgemeinen gesellschaftlichen Wandels hinsichtlich der Möglichkeiten der individuellen Mobilität sind aber auch so einige Nachkommen der v.Lienen "in alle Winde verstreut". 



Der Uradel v.Lienen



Das Institut für Deutsche Adelsforschung bezeichnet den Familiennamen "v.Lienen" als historisch adelig. Die Unterscheidung zwischen dem Eintrag "von" und "v." ist allein darauf begründet, dass bei der Erfassung im deutschen Adelsblatt von 1924 der damalige Verfasser, Herr von Gellhorn, in seiner Liste vermeintlich "historisch nicht-adeliger" Familien vermerkt hatte, dass es in einzelnen Fällen adelige oder nicht-adelige Familien mit dem Namenszusatz "von" geben könne. In neueren Adelshandbüchern wurde das „von“ seitdem mit „v.“ abgekürzt, um Namen adeliger Familien mit „von“ von nicht-adeligen Familien zu unterscheiden. Letztendlich folgt diese Vorgehensweise nur dem damaligen Gebrauch in den Ranglisten der königlich preußischen Armee. Einige Listen gingen dabei sogar so weit, dass in dieser Form zwischen Familiennamen des Ur- und des Briefadels unterschieden wurde.

In der heutigen Zeit ist die Schreibweise "von Lienen" geläufig und der Familienname wird beispielsweise im aktuellen schwedischen Adelsverzeichnis unter "von Lienen" als (historisch) adelig geführt. Im Oldenburger Adressbuch aus dem Jahre 1900 sind sämtliche Einträge unseres Familiennamens unter "v.Lienen" zu finden.

Besonders im digitalen Zeitalter fällt oft auf, dass zum Teil durch automatisierte Datenerfassungen oder Eingabeautomatismen von Software der Namenszusatz "von" mit einem großen "V" geschrieben wurde. Das ist nicht nur unschön, sondern entspricht nicht der korrekten Schreibweise des Namens. Es ist auf die korrekte Schreibweise zu achten und eine Korrektur kann mit gegebener Berechtigung und Verweis auf das im bürgerlichen Gesetzbuch geregelte Namensrecht eingefordert werden.




Zum sogenannten Uradel zählen nach dem Genealogischen Handbuch des Adels Familien, deren "Geschlecht" nachweislich spätestens um 1400 dem ritterbürtigen Adel angehört hat. Ritterbürtigkeit setzte im Mittelalter in der Regel mindestens drei Generationen ritterlicher Lebensweise sowie standesgemäßer Eheschließungen voraus. Nach einer strengeren Auffassung zählen dabei nur solche adelige Familien als ritterbürtige Geschlechter zum Uradel, die urkundlich vor 1350 nachweisbar sind.
Die Urkunden mit Verweis auf die Ritter v.Lienen zwischen ca. 1220 und ca. 1420 liefern diesen Nachweis, womit die Zugehörigkeit zum deutschen Uradel als gegeben angesehen werden kann.

Viele uradlige Familien schrieben sich bis etwa 1650 ohne das adelige Prädikat von (oder zu), und zwar diejenigen, die sich nicht nach einer Stammburg, sondern nach ihrem Wappensymbol oder einer sonstigen Eigenschaft benannt hatten. Die seit Kaiser Karl IV. verstärkt nach französischem Vorbild durch Diplom in den Adelsstand Erhobenen werden im Unterschied dazu als der sogenannte Briefadel betitelt. Zum Briefadel zählen adelige Häuser ursprünglich bürgerlicher oder bäuerlicher Herkunft, die in der Neuzeit durch einen Adelsbrief (auch Adelsdiplom genannt) in den Adelsstand erhoben wurden. Bis 1806 war es in Deutschland üblich, den Namen des Neu-Geadelten durch einen schön klingenden (Pseudo-) Ortsnamen zu ergänzen.







Die persönliche Linie unseres Zweiges der Familie von Lienen lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zu einem Johan von Linen sicher zurückverfolgen. Das konkrete Nachvollziehen der direkten Verknüpfung verwandschaftlicher Beziehungen zwischen der Mitte des 15. Jahrhunderts und Ende des 16. Jahrhunderts gestaltet sich als schwierig. Nach dem Chronisten H. Hamelmann beispielsweise wäre der letzte v.Lienen ein Johan von Linen, welcher nach seinem Buch, der "Oldenburgischen Chronica" von 1599 im Niederländischen Krieg ca. 1596 gefallen ist.



Andere Quellen zeigen die Nachkommen eines Johan v.Lienen, nämlich Johann von Lienen, geb. ca. 1590 mit einem Grundbesitz im Gebiet des früheren Lienebrok und dessen Nachfolger Jürgen von Lienen. Wiederum andere Quellen schreiben diese Namen in der gleichen Reihenfolge, aber mit etwas zeitversetzen Jahresangaben einem Besitz im heutigen Jaderaußendeich, etwa 15km nördlich vom historischen Lienebrok zu. In welche Richtungen sich die Familie damals in allen Details verzweigt hat, lässt sich somit heute nicht mehr vollständig und abgesichert nachstellen. Die Verknüpfung zu den Ministerialen des 13., 14. und 15. Jahrhunderts liegt aber nahe. Eine weitere Quelle zeigt die direkte Verknüpfung des genannten Johan von Lienen bis zu Ritter Albero I. von Lienen auf, so dass man insgesamt die Linie unseres Zweiges vom 12. Jahrhundert bis heute wie folgt sehen kann. Da in den ältesten Aufzeichnungen oft nur der männliche Vorname dokumentiert wurde, wird die Liste hier entsprechend auch bis in die heutige Zeit so fortgeführt. Unabhängig erstellte Ahnentafeln bestätigen diese komplette Linie.



Die Geburtsorte aller hier aufgeführten Personen der kompletten Linie von 1168 bis heute liegen ausnahmslos in einem Umkreis von 25km. Die ersten vier Generationen dieser Linie sowie der hier genannte Otto von Lienen ("Otto II." *1386) wurden zum Ritter geschlagen.

Der erste urkundlich genannte Ritter Albero von Lienen hieß mit vollem Namen Albero Johann Friedrich von Lienen. Der Name Johann wurde in der kompletten Linie bis hin zu meinem Onkel oft weitergegeben.

Vollständig wird die oben genannte Linie aus meiner Sicht mit der eigenen Familie.



Der gezeigte eigene Wappenentwurf für unsere Familie wurde in Anlehnung an die heraldischen Regeln für ein Vollwappen aufgebaut. Es wurde dabei der Versuch unternommen, heraldisch bekannte Symbolik mit modernen Motiven zu kombinieren. Die Farbgebung (Tingierung) wurde dabei entsprechend des ursprünglichen Wappens der Familie von Lienen gewählt.

Der Wahlspruch lautet "Ama et fac quod vis!", was so viel bedeutet wie:
"Liebe und Tu, was du willst!".

Das Panier (ehemals der Schlachtruf) über der Helmzier bedeutet:
"Ich versuche es!" oder "Ich wage es!".






Quellen

- Hans G. Trüper - Ritter und Knappen zwischen Weser und Elbe
- Otto Piper - Burgenkunde
- Förderkreis Rastede e.V. - Die frühen Oldenburger Grafen
- Archäologisches Museum Hamburg
- Deutsche Digitale Bibliothek 
- Georg Ruseler - Der Kampf um die Lechtenburg
- Artur Conrad Förste - Die Ministerialen der Grafschaft Stade im Jahre 1219 
- Institut für Deutsche Adelsforschung, Kiel
- Karl Arnold Schlönbach - Die Stedinger (Historische Erzählung, 1854)
- Ulf Neundorfer - Stedinger Online-Chronik
- H. Hamelmann, Oldenburgisch Chronicon, 1599
- Landesmuseum Oldenburg
- Staatsarchiv Bremen
- Niedersächsisches Landesarchiv Oldenburg
- Urkundenbuch des Klosters Lilienthal 1232-1500
- Urkundenbuch des Stiftes St. Andreas zu Verden
- "Bremisch- und Verdischer Ritter-Sahl oder
   Denckmahl der hoch-adelichen Geschlechter", 1720
- Zeit für Geschichte - Schrödel
- Wikipedia
- Die Volkssagen des Stedinger Landes, Bremen 1845
- Heraldik-Wiki
- Oldenburger Jahrbuch des Vereins für Altertumskunde
   und Landesgeschichte, Bd. 33 von 1929, Bd. 28 von 1924 und Bd. 37 von 1933
- Heinrich von Treitschke - Vaterländische Gedichte, 1856
- Oldenburgische Gesellschaft für Familienkunde e.V.
- Heimatverein Altenesch e.V.
- Vita Anskarii, Lebensbeschreibung Erzbischof Ansgars
- Martin Uhlig, Historische Instrumente
- Ewald Gierke - Linebrok
- Fotos von Burgen und Rittern (nachbearbeitet/eingefärbt): pixabay.com

- Aufzeichnungen der Familie



 
Anhang

Die Stedinger Ketzer
(Heinrich von Treitschke, Berlin 1856)